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Heimat - ein Interview

Ruhrnachrichten Dortmund, 1.4.2018

Fotografen fotografieren ihre Heimat Dortmund


Klaus Pfeiffer: „Seit drei oder vier Jahren gehe ich immer wieder zu einem kleinen Weg in der Nähe des Westfalenparks. Der führt von der Straße An der Buschmühle zu der Außenradrundbahn. Der Weg heißt Steinklippenweg. Komischerweise gehe oder fahre ich immer wieder dorthin.


Der Steinklippenweg. Foto: Klaus Pfeiffer


Hier entsteht für mich dieses Gefühl von Heimat. Immer wieder fotografiere ich hier, ganz und gar nichts Spektakuläres, ich finde mich hier zwischen Licht und Zeit, ganz privat.


Oft bin ich in Dortmund unterwegs mit meiner Leica, lasse mich treiben und versuche zu fühlen, ob es noch andere Heimaten für mich in Dortmund gibt.

Manchmal entstehen dann ungeplant und unbewusst Situationen, die mich irgendwie festhalten, binden. Ich weiß nicht warum, auch dann fühle ich mich zuhause. Es entstehen Bilder, die für mich Dortmund sind, dabei sind es weniger die Motive, es sind mehr die Gefühle dahinter.


Disteln am Steinklippenweg. Foto: Klaus Pfeiffer


Aber dann zieht es mich wieder, so oft ich Zeit habe, zu diesem Weg, manchmal befahre ich ihn im Schritttempo mit dem Fahrrad, manchmal gehe ich zu Fuß, zu jeder Jahreszeit. Und hier fühle ich mich glücklich, auch das ist für mich ein Indiz für Heimat.

Ich beschäftige mich viel mit Licht und Zeit. Und mit Philosophie. Heidegger hat mal gesagt: 'Heimat gibt es nicht auf dieser Erde.' Für ihn war schon damals die Technik ein Problem, und die hat sich seitdem stark weiterentwickelt.

Heimat ist für mich ein Gegengewicht zu Technik, zum Internet. Ein Antipol.


Am Hafen. Foto: Klaus Pfeiffer

Heidegger hat auch gesagt: 'Die Not unserer Zeit ist unsere Heimatlosigkeit.' Ich finde, das passt auch sehr gut in unsere Zeit. Die aktuelle Technik, die Bilderflut, wir werden ständig überhäuft mit Informationen und Bildern, und je mehr das alles ist, desto flüchtiger wird jedes einzelne.

Alles ist vorübergehend, und wir alle sind vorübergehend. Nichts bleibt so, wie es ist. Deswegen haben wir Sehnsucht nach etwas, das bleibt.


Disteln am Steinklippenweg. Foto: Klaus Pfeiffer


Heimat ist wie Wurzeln, die wir selbst auswerfen. Wir wollen festhalten, standhalten. Deswegen fotografiere ich oft Disteln. Sie verwelken nur langsam, sie scheinen sich dem Kreislauf der Natur von Blühen und Vergehen entgegenzustemmen.

Heimat ist wie eine Meditation, ein Herausgehen aus dem Strom. Ich glaube, meine Bilder haben eine seltsame Meditation. Die finde ich am Steinklippenweg. Diese Heimat ist umgeben von schönen Sträuchern.


Blumen in Hörde. Foto: Klaus Pfeiffer


Ich bin überzeugt davon, dass sich über Fotos auch die Emotion des Fotografen überträgt. Flüchtig gemachte Bilder fühlen sich auch flüchtig an. Bei den Fotografien von Andreas Gursky, die aus hunderten Einzelfotos bestehen, glaube ich, man spürt die Arbeit, die in ihnen steckt.

Und wenn Fotos gründlich und langsam aufgenommen wurden, dann spürt man auch das.“


Das Interview hat Tilman Abbegg geführt

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